Sonntag, 18. Februar 2018

Bayerische Staatsbibliothek: Gefälschte Walderseemüller-Weltkarte

Bayerische Staatsbibliothek (BSB) in München



Die Bayerische Staatsbibliothek in München bestätigt, dass die im Haus verwahrte "Geburtsurkunde" Amerikas eine Fälschung ist!


Gefälschte Walderseemüller-Weltkarte: Münchner Schatz der Entdeckungsgeschichte ist leider nur eine Kopie des Originals und um das Jahr 1960 von einem Restaurator angefertigt


München. Wie die Bayerische Staatsbibliothek am Donnerstag bestätigte, ist die Weltkarte, in welcher vermutlich erstmals der Name "America" verwendet wurde, eine Fälschung. Die Staatsbibliothek hatte die so genannte "Waldseemüller"-Globus-Segmentkarte im Jahr 1990 für zwei Millionen Deutsche Mark angekauft. Es sollte sich um eines von sechs echten Weltkarten handeln. Die Echtheit der Karte des Kartografen Martin Waldseemüller, der von 1470 bis 1522 lebte, wurde auch nicht angezweifelt. Erst als das Auktionshaus Christie's sich Herbst letzten Jahres mit einem weiterem Exemplar zur Untersuchung im Haus anmeldete, kamen erste Zweifel auf. 

Ludwigstraße in München, rechts hinten die Universitätskirche,
davor die Bayerische Staatsbibliothek,
Foto: Helga Waess

Why Experts Don’t Believe This Is a Rare First Map of America


Bei einem Vergleich der beiden Exemplare stellten sie sich als Kopien heraus: die in das Jahr 1507 eingeordneten Drucke wurden erst um 1960 angefertigt. Bereits im Dezember führte  Michael Blanding in der New York Times in seinem Artikel aus "Why Experts Don’t Believe This Is a Rare First Map of America" und warum das Auktionshaus Christies' die Karte aus der Auktion nahm (dieser Link führt zum Blanding-Artikel in der NY-Times). 
Bei der Untersuchung der Druckfarben der gefälschten Karte stellte man zunächst fest, dass die Druckfarbe auf dem Kleber saß und die Kanten des Drucks zu glatt abschlossen - was mit den Holzdruck-Blöcken des 16. Jahrhunderts so noch nicht möglich war. 


Kein Original-Exemplar des "Waldseemüller"-Globussegments


Im Bayerischen Rundfunk "radioWelt" erzählte der Generaldirektor der Staatsbibliothek, Dr. Klaus Ceynowa, wie die Echtheitsprüfung der Münchner Globus-Segmentkarte ablief und warum es 1990 nicht möglich war, die Fälschung zu erkennen. Ceynowas Fazit:

"Es ist leider so, dass die Waldseemüllerkarte der Bayerischen Staatsbibliothek unzweifelhaft eine Fälschung ist. Das ist ein sehr trauriges Resultat für uns, aber es ist so."
(so: Klaus Ceynowa, Generaldirektor der Bayerischen Staatsbibliothek im Gespräch mit radioWelt-Moderator Uwe Pagels)
Das ganze Interview mit Klaus Ceynowa kann auf der Homepage des BR unter diesem Link nachgelesen werden.


Stabi-Waldseemüller-Segmentkarte in München: "Unzweifelhaft eine Fälschung"


In der Staatsbibliothek in München wurden zu guter Letzt mittels Raman-Spektroskopie (Ermittlung der Streuung von Licht an Pigmenten und Mineralien), hochaufgelösten Digitalisaten und Röntgenfluoreszenzanalyse (physikalische Analyse zur Materialanalytik) unterschiedliche Fakten untersucht, die die Segmentkarte dort eindeutig als Fälschung entlarvten.

Die Originale des Kartographen Martin Waldseemüller


Insgesamt existieren lediglich eine originale, große Ausgabe der "Waldseemüller"-Weltkarte, die immerhin  drei Quadratmeter misst und sechs kleinere, originale Globen-Segmentkarten. Letzere wurden für den Auftrag auf eine Kugelform (mit elf Zentimetern Durchmesser) angefertigt, weshalb jeweils zwölf Streifen aneinandergereiht erscheinen. Selbige laufen oben und unten jeweils spitz zu. Sie konnten ausgeschnitten werden und um eine Kugel herum gefaltet. Eine Original-Segmentkarte aus der Hand des Kartographen Walderseemüller findet sich an der James Ford Bell Bibliothek - in der Universität von Minnesota. Diese könnte als Vorlage für die Kopien gedient haben.



Bayerische Staatsbibliothek 

(der Link führt zur Homepage der BSB in München)
Ludwigstr. 16
80539 München